Orhan Sat referierte über Afghanistan


Der Titel sei natürlich ironisch gemeint, versicherte der Referent der letzten Veranstaltung des Friedenszentrums und des Friedensbündnisses in der Sommer-Reihe „Wege zu einer Kultur des Friedens“, der Braunschweiger Politologe Orhan Sat, in seinem Afghanistan-Vortrag am 16.6. 2009 in der Volkshochschule. Damit bezog er sich auf Obamas neue Strategie am Hindukusch, den Comprehensive Approach, der auf der Einbeziehung auch „ziviler Elemente“ beruht. Vor allem die  Nichtregierungsorganisationen (NGO) sollen in die Kriegführung von ISAF und Enduring Freedom eingebunden werden, was dem Krieg eine größere Erfolgschance geben soll.


Wenn sich eine NGO dem Ansinnen, in die Strategie der NATO eingebunden zu werden, nicht füge, müsse in Kabul bleiben und werde von wichtigen Informationen ausgeschlossen. Etliche NGOs haben bereits Protest angemeldet. Cap Anamur hat Afghanistan verlassen. Die neue Strategie bedeutet keine Entmilitarisierung, sondern eine Ausweitung des Militärischen, dem alles andere untergeordnet werden soll.

Der Referent fragte nach den Gründen des Militäreinsatzes. Es gehe nicht um eine projektierte Öl-Pipeline vom Kaspischen Meer zum Persischen Golf, sondern um die Sicherung von Macht im zentralasiatischen Raum. Obamas Politikberater Zbigniew Brzezinski habe bereits Mitte der achtziger Jahre die These aufgestellt, dass, wer Zentralasien kontrolliere, die Herrschaft über den ganzen eurasischen Kontinent besitze. Daher denken die USA auch nicht an Abzug, mag die Situation noch so desolat sein. Der Referent gab erschreckende Beispiele wie das von den sechs Mädchenschulen im Bereich Masar-e Sharif, die auf Geheiß der Taliban unter den Augen der deutschen Militärs vom örtlichen Gouverneur geschlossen wurden. Im Übrigen wollten die USA in Zukunft ihre Verbündeten stärker einbinden. Und Deutschland wolle, im Bund mit Frankreich, mitgestalten.

In der anschließenden Diskussion wurde darauf hingewiesen, dass es überzeugende Exit-Strategien für Afghanistan gebe. Doch leider machten die US-Amerikaner bisher keinen Gebrauch von ihnen, mit einer Ausnahme: Es werde wohl im Geheimen auch mit den Taliban verhandelt.


Inge Gerlach, Frieder Schöbel