https://www.youtube.com/watch?v=SWCG9CL-nAA

 

Trotz Coronaschutzmaßnahmen konnte in diesem Jahr der Ostermarsch draußen auf dem Kohlmarkt stattfinden. Bei sonnigem Wetter waren am Vormittag des Ostersamstags einige Dutzend Zuhörer gekommen. MIt Abstand und Masken hielten sich alle an die vorgegebenen Regeln. Hans-Georg Hartwig führte durch die Kundgebung, Sambattac sorgte für den musikalischen Rahmen. Unser besonderer Gast Thorsten Stelzner trug in einem eigenen Block Gedichte aus seiner politischen Lyrik vor. Brigitte Constein Guelde las ein Gedicht von Erich Fried. Vom Friedensbündnis sprachen Helmut Kaess und Ute Lampe zu dessen politischen Forderungen.

Videomitschnitt der Kundgebung von Matthias Jakisch: https://www.youtube.com/watch?v=SWCG9CL-nAA

Redebeitrag Ute Lampe:

Liebe Ostermarschierer und Ostermarschiererinnen,

warum stehen wir hier: Weil wir uns eine friedliche Welt ohne Krieg und Gewalt wünschen, eine solidarische Welt, die auf Kooperation baut und nicht auf Konfrontation.

Denn Krieg und Gewalt führt zu Zerstörung, Elend, Tod und großem menschlichen Leid. Das sehen wir aktuell in Jemen, in Syrien und Afghanistan. In allen drei Ländern befeuert Deutschland direkt oder indirekt die Kriege, die gegen diese Länder geführt werden. In Jemen hat die Bundesregierung seit Anfang 2019 Rüstungsexporte für mehr als eine Milliarde Euro an Länder genehmigt, die den Krieg gegen das Land führen. 24 Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. 100.000 Menschen sollen nach Schätzungen der Vereinten Nationen ihr Leben verloren haben.

In Syrien ist die Bundeswehr im Rahmen einer internationalen Koalition unter Führung der USA mit Luftaufklärung, Betankung von Flugzeugen in der Luft und Transportflüge beteiligt. Das heißt die Bundeswehr liefert Ziele, die von der Koalition im Anschluss bombardiert werden. Diese Kriegseinsätze erfolgen ohne Zustimmung der Syrischen Regierung und sind Völkerrechtswidrig. Die Not der Menschen in dem Land wird durch die Sanktionspolitik der EU, die Deutschland maßgeblich mit verantwortet, und weiterer sogenannter westlicher Staaten dramatisch verschärft.

In Afghanistan stellt die Bundeswehr momentan das zweitgrößte Kontingent nach der US-Armee. Nach 20 Jahren Krieg ist das erbärmliche Scheitern der militärisch definierten westlichen Großmachtpolitik offensichtlich. Die Taliban sind mächtiger als 2001. Die vielbeschworene »vernetzte Sicherheit« ist gescheitert. Es geht nur noch darum, wie das Land gesichtswahrend verlassen werden kann.

Trotz dieser desaströsen Ergebnisse setzt die Bundesregierung weiterhin auf militärische Stärke und strebt das 2% Ziel der NATO Doktrin bis 2024 an (2% des Bruttoinlandsproduktes). Das würde bei einem erwarteten BIP für Deutschland von 4,1 Billionen € (IWF) für das Jahr 2024 den Betrag von über 80 Mrd. € für Militärausgaben bedeuten.

Aktuell hat der Bundestag rund 46,8 Mrd. € für den Kriegshaushalt genehmigt. Laut neuesten Eckdaten, die unsere Verteidigungsministerin in der vergangenen Woche vorgelegt hat, gibt es einen weiteren Nachschlag von 2,5 Mrd. €, so dass die Kriegskasse auf 49,3 Mrd. € anschwillt.

Dem steht das Ressort Gesundheit mit 24,3 Mrd. € gegenüber, gefolgt von Bildung und Forschung mit 20,2 Mrd. €. Der Beamtenbund schlägt Alarm. Nach seiner Schätzung sind 330.000 Stellen bei Bund, Ländern und Gemeinden unbesetzt, besondere Defizite zeigen sich in der Kinderbetreuung sowie der Kranken- und Seniorenpflege. Während das Geld, wie die Pandemie deutlich gezeigt hat, in allen zivilen Bereichen fehlt: bei Schulen und Kitas, im sozialen Wohnungsbau, der Gesundheit, der Alterssicherung, dem ökologischen Umbau wie auch der Klimagerechtigkeit werden Haushaltsmittel zur Verteidigung versenkt, um dann wiederum Bundeswehrsoldaten bei der Pandemiebekämpfung einzusetzen. Da ist doch völlig absurd.

Deshalb fordern wir

- Runter mit den Kosten für den Verteidigungshaushalt,
  keine Drohnenbewaffnung der Bundeswehr und
  Beendigung der Auslandseinsätze.


- Rauf mit Investitionen für Klima, Gesundheit, Pflege und Bildung.

Corona hat uns einmal mehr vor Augen geführt, dass unsere Gesellschaft verwundbar ist. Diese Pandemie macht vor keiner Grenze halt. Deshalb fordert die Bekämpfung weltweite Solidarität und keinen Sanktionismus. Durch die Sanktionspolitik Deutschlands und weiterer westlicher Staaten werden Menschen in Palästina, Venezuela, Kuba, Russland, Iran, Sudan und Zimbabwe in Geiselhaft genommen. In Syrien nimmt Armut und Hunger zu. Dennoch werden alle Mittel genutzt, um einen Wiederaufbau dieses vom Krieg gemarterten Landes zu boykottieren. Das ist zynisch und zutiefst unmenschlich und es widerspricht dem Völkerrecht.

Aber Wir, Deutschland und die EU, sind ja die Guten. Wir haben die Doppelmoral gepachtet. So mag Erdogan zwar ein Despot sein, lässt kritische Journalisten und politische Gegner einsperren und führt Krieg im eigenen Land gegen die Kurden, dafür hält er uns aber die Flüchtlinge vom Hals.

Ebenso die EU-Grenzschutzagentur Frontex, die an illegalen Pushbacks an den EU-Außengrenzen beteiligt ist. Und wenn es ein Flüchtling bis nach Europa geschafft hat, darf er unter menschenunwürdigen Bedingungen in Lagern sein Leben fristen. Auch deshalb sagen wir: Leben retten statt vernichten. Wir fordern eine neue Friedens- und Entspannungspolitik, ein System gemeinsamer Sicherheit und kontrollierter Abrüstung.

Vor 80 Jahren hat Nazi-Deutschland die Sowjetunion überfallen. 27 Millionen Sowjetbürger*innen kamen im Laufe des Krieges ums Leben. Millionen sowjetischer Kriegsgefangener und Zwangsarbeiter*innen starben in deutschen Lagern. Das damit verbundene Leid ist uns Mahnung und Anlass, heute für eine neue Entspannungspolitik, für Abrüstung und für kollektive Sicherheit in Europa einzutreten! "Deutschland und die anderen EU-Staaten dürfen niemals wieder zum Austragungsort atomarer oder konventioneller Kriegsspiele werden" schrieb Rolf Mützenich, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Das heißt für uns Dialog mit Russland, Deeskalation stat Konfrontation.


Die Einhaltung der Menschenrechte, der Presse- und Meinungsfreiheit und eine faire Gerichtsbarkeit sind elementare Rechte, die eingefordert werden müssen und auf deren Einhaltung immer wieder im Dialog hingewirkt werden muss. Der Sanktionismus dagegen ist blinder Aktionismus und Willfährigkeit gegenüber den USA.

Wenn der EU und Deutschland Presse- und Meinungsfreiheit offenbar so wichtig sind, warum sitzt dann Julian Assange weiterhin in Großbritannien im Gefängnis? Warum erhält er in Deutschland kein politisches Asyl? Wo bleibt das klare Signal? Wir sind von der Vision einer friedlichen Welt noch weit entfernt, aber das hält uns nicht davon ab, uns weiterhin mit aller Kraft dafür zu engagieren, die Missstände auszusprechen und uns für Veränderung einzusetzen.

Vielen Dank und allen ein schönes und friedliches Osterfest!
Ute Lampe, Friedensbündnis Braunschweig


 

Die ursprünglich vorgesehenen Liedbeiträge von Corinna Senftleben und Matthias Wesche, haben die beiden in lockerem Rahmen am 1.4.2021 outdoor eingespielt https://youtu.be/tIxiCQuJVSg


» Flyer


Ostermärsche 2021 in der tagesschau vom 5.4. (ab 3:33 min: https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-845855.html
oder hier https://youtu.be/YtF1t8AeSEo?t=311