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Bericht des Vortrages von Ulrike Herrmann am 22. Februar 2018 in der VHS in der Reihe "Wege zu einer Kultur des Friedens".

War es das brisante Thema, oder die aus Funk und Fernsehen bekannte taz-Wissenschaftsjournalistin Ulrike Herrmann, die bei ihrem wegen des Sturmes nachgeholten Vortrag in der Reihe „Wege zu einer Kultur des Friedens“ die Zuhörer in Massen anzog? Es war nicht nur ein höchst informativer Vortrag, der überraschende Zusammenhänge eröffnete; er war fulminant vorgetragen mit oft drastischen Urteilen in einer auch für Laien verständlichen Sprache, die erklärte, ohne zu simplifizieren.

Es handle sich nicht nur um eine Eurokrise, so ihre These, sondern um vier miteinander verschränkte Krisen. Von den Währungshütern, vor allem der EZB, wurden sie in ihrer Tragweite meist zu spät erkannt und mit unzureichenden Mitteln bekämpft.

Den Anfang bildete eine Überschuldungskrise der südlichen Randstaaten, vor allem Griechenlands, die mit der zweiten Krise, der der Staatsanleihen, eng zusammenhing. Die falsch konstruierte Eurozone führte dazu, dass es zwar nur einen Euro, aber 19 Staatsanleihen von unterschiedlichem Wert gab, was es den Zockern ermöglichte, rasch von einer Anleihe in die andere zu schlüpfen. Ein massenhafter Exodus aus einer Staatsanleihe konnte, wie am Beispiel Italiens, ein an sich gesundes Finanzwesen ruinieren.

Die EZB zögerte zu lange, Staatsanleihen aufzukaufen, bis endlich im Juli 2012 ihr Präsident Mario Draghi ein Machtwort sprach, man werde den Euro retten, koste es, was es wolle. Es brauchte keiner Aufkäufe, sofort trat Ruhe ein.

Doch Draghis weitere Maßnahmen, um eine Deflation zu bekämpfen, nämlich die Politik des billigen Geldes, brachte in der nun folgenden Krise wenig Erfolg: die Banken blieben auf ihrem Geld sitzen, weil niemand mehr investieren wollte. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Die vierte Krise verdankt sich den deutschen Exportüberschüssen. Dank der niedrigen Löhne und der allgemeinen Sparsamkeit der Regierung wurde Deutschland Exportweltmeister, muss aber seine Waren subventionieren, damit sie Käufer finden, denn alle anderen Eurostaaten sind verschuldet. Was helfen könnte, wäre die Stärkung der Binnennachfrage z.B. durch Lohnerhöhungen, so dass die Deutschen nicht mehr in Konkurrenz stünden mit Frankreich (20 % höhere Löhne) und seine Produkte selbst konsumieren könnten, statt sie zu „verschenken“. Doch solange Sparsamkeit die allgemeine Devise ist (man denke an die Schuldenbremse), ist daran nicht zu denken.

Was aber dann droht, ist das Auseinanderbrechen des Euro in einen „starken“ Nord-Euro und einen schwachen Süd-Euro. Da aber alle Anleger in den ersteren flüchten würden, stünde dem eine gewaltige Aufwertung bevor, welche die Deutschen um alle Vorteile bringen würde. Deutschland wäre dann der eigentliche Verlierer der Eurokrise.

Es folgte langanhaltender Beifall für einen spannenden Vortrag.

Inge Gerlach