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Zum bundesweiten Aktionstag am 1. Oktober 2022 riefen Friedensbündnis, Friedenszentrum und IPPNW zu einer Kundgebung vor den Schlossarkaden unter dem Motto „Keinen Euro für Krieg und Zerstörung“ auf.

Mehr als 80 Menschen kamen,  – und auch eine Gruppe aus Goslar beteilgte sich. Zeitgleich mit anderen Großstädten (Berlin, Hamburg Frankfurt, München und Stuttgart) forderten die Aktiven Milliarden für eine sozial gerechte und ökologische Friedenspolitik. Die Forderungen auf dem verteilten Flyer wurden verlesen. Werner Hensel sprach sich in seiner Rede gegen das 100 Milliarden Euro-Projekt für die Bundeswehr aus und Gabriele Canstein forderte, “die Friedensfähigkeit zu stärken“ und mehr Geld für gewaltfreie Konfliktbearbeitung auszugeben. Mit dem Ruf „Stoppt den Krieg! Verhandeln statt Schießen!“ schloss sich ein Demonstationszug durch die Innenstadt an. Am sonnigen Kohlmarkt wiederholte Elke Almut Dieter die bundesweiten Forderungen. Die Abschlussrede von Helmut Käss sprach Michael Köllisch.

Erfreulich war die recht große Beteiligung, waren auch die Reaktionen der Menschen unterwegs und die Reaktion der Braunschweiger Zeitung.

 

Rede von Gabriele Canstein

Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger,

Angesichts der künftig steigenden Ausgaben für den Verteidigungshaushalt haben drei Friedensorganisationen, nämlich das Forum Ziviler Friedensdienst (ZFD), die Plattform Zivile Konfliktbearbeitung (PZKB) und die Initiative „Sicherheit neu denken“ eine Kampagne unter dem Motto „Deutschland Friedensfähigkeiten stärken“ gestartet.

Worum geht es dabei?
Deutschland setzt sich seit vielen Jahren für Krisenprävention und zivile Konfliktbearbeitung ein.

Es hat bewährte, international anerkannte Instrumente zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen, für Demokratisierung und zur Unterstützung lokaler Friedensorganisationen.
Im Zivilen Friedensdienst arbeiten beispielsweise mehr als 300 Friedensfachkräfte in 43 Ländern mit Menschen vor Ort für Dialog, Menschenrechte und Frieden. Das Förderprogramm zivile Konfliktbearbeitung (zivik) unterstützt weltweit zivile Akteure dabei, Krisen vorzubeugen, Konflikte zu überwinden und friedliche gesellschaftliche und politische Systeme zu schaffen.

Deutschland gibt in diesem Jahr ca. 16 Mrd. € für zivile Krisenprävention, humanitäre Hilfe, ausländische Kulturpolitik und Entwicklungszusammenarbeit aus. Dem stehen ca. 50 Mrd. an Verteidigungsausgaben gegenüber, ohne Zuwächse aus dem Sondervermögen.

Nach der neuesten Finanzplanung sollen diese Mittel nun in den kommenden Jahren deutlich gekürzt werden.

Damit wird der Koalitionsvertrag gebrochen, nachdem die Ausgaben in diesem Bereich in gleichem Maße wachsen sollen, wie der Verteidigungshaushalt.

Gleichzeitig wäre es ein schlechtes Beispiel für andere Länder:
Deutschland ist aktuell weltweit der größte Geber für zivile Krisenprävention. Andere wichtige Geberländer haben ihre Ausgaben in den letzten Jahren bereits massiv gekürzt (Großbritannien, Schweden). Wenn Deutschland nun diesem Trend folgen würde, hätte das massive Folgen für die weltweite Finanzierung von Krisenprävention und eine fatale Signalwirkung: weitere Länder könnten dem Beispiel folgen.
Dann wäre das Erreichen der 17 Nachhaltigkeitsziele (Agenda von 2015, bis 2030), die den Menschen ein Leben in Würde und den Schutz der Lebensgrundlagen zu ermöglichen, gefährdet. Nachhaltige Entwicklung ist nur im Frieden möglich. Deshalb fordert Antonio Guterres, die Mittel für Krisenprävention und Friedensförderung zu steigern. Nur damit lässt sich verhindern, dass immer mehr Menschen vor Kriegen und gewaltsamen Konflikten fliehen müssen.

Mit der Kampagne „Deutschlands Friedensfähigkeiten stärken“ ist beabsichtigt,
dass sich die Bundestagsabgeordneten für eine Erhöhung der Mittel für zivile Krisenprävention und Friedensförderung einsetzen,
dass verschiedene gesellschaftliche Gruppen und Kirchen über die Möglichkeiten ziviler Konfliktbearbeitung aufgeklärt werden und weiter darüber informieren,
dass die Möglichkeiten ziviler Konfliktbearbeitung und Friedensförderung stärker gefördert werden und mehr politisches Gewicht bekommen.

Weitere Informationen zur Kampagne finden Sie in dem gelben Flyer.

Ich danke



Rede von Werner Hensel

 

Liebe Friedensfreundinnen, liebe Friedensfreunde,

„Waffenstillstand und Verhandlungen“ fordert die Friedensbewegung, um den Krieg in der Ukraine zu beenden.
Zur Klarstellung an die Adresse derjenigen, die diese Forderung als putinfreundlich bezeichnen: Die Friedensbewegung hat den Angriff Russlands auf die Ukraine von Anfang an als ein völkerrechtswidriges Verbrechen verurteilt – wie jeden anderen Angriffskrieg auch.

Wer meint, die Forderung nach „Waffenstillstand und Verhandlungen“ sei illusorisch, muss sich darüber klar sein, was die Alternative zu „Waffenstillstand und Verhandlungen“ ist.
Die Alternative ist jahrelanger Krieg, mit ungezählten Toten, zerstörten Städten und Landschaften. Am Ende stehen dann doch Verhandlungen und ein Vertrag zwischen wahrscheinlich erschöpften Kriegsparteien auf den Trümmern jahrelangen Krieges.

Ein solches Szenario gab es in Mitteleuropa vor 400 Jahren schon mal. Der 30-jährige Krieg wurde 1648 nach jahrelangen Verhandlungen mit einem Friedensvertrag beendet. Ganze Landstriche lagen in Trümmern, ca. 40 % der Bevölkerung war tot – durch Kriegseinwirkung, Hunger, Pest – die Kriegsparteien waren erschöpft.

Wir haben keine 30 Jahre Zeit, auf einen solchen Vertrag zwischen erschöpften Kriegsparteien zu warten. Weil „unser Planet brennt“ - wie es der UN-Generalsekretär in der letzten Woche feststellte.
Und weil die Menschheit Waffen besitzt, die innerhalb von 3 Minuten soviel Schaden anrichten wie der gesamte 30-jährige Krieg. Wenn am Ende eines Krieges immer Verhandlungen und ein Vertrag stehen, kann man gleich damit anfangen!

Es gibt einen Vorschlag für Verhandlungen der italienischen Regierung aus dem Mai - ein erstes Ziel sei, lokale Kampfpausen zu erreichen, danach solle ein Waffenstillstand, die Arbeit an der Neutralität und am Ende ein Friedensabkommen folgen.
Der mexikanische Präsident hat letzte Woche einen Vorschlag für eine diplomatische Offensive durch eine Kommission, bestehend aus dem indischen Premierminister Modi, dem UN-Generalsekretär Guterres und Papst Franziskus gemacht.
Wir fordern von der Bundesregierung, dass sie diese diplomatischen Initiativen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützt anstatt den Krieg mit Waffenlieferungen anzuheizen.

„Waffenlieferungen eskalieren und verlängern den Krieg“ heißt es im Aufruf zu unserer Kundgebung.
Wir fordern den Stopp aller Waffenexporte. Diese nützen nur den Aktionären von Rheinmetall und Co. Die verdienen nicht nur am Ukraine-Krieg, auch der Krieg im Jemen wird mit deutschen Waffen verlängert. Jede Verschärfung des Ukraine-Krieges durch Lieferung immer stärkerer Waffen macht den Einsatz von Atomwaffen wahrscheinlicher.

Wir weisen die Aussage der deutschen Außenministerin „Unsere Waffen helfen, Menschenleben zu retten.“ zurück. Mit einer solchen Aussage, und dem unerträglichen Kriegsgeschrei von verantwortungslosen Politikern sollen wir daran gewöhnt werden, dass der einzige Ausweg aus dem Krieg dessen Verschärfung ist – dass man Feuer am besten mit Benzin löscht. Aber: Ein Leopard 2 ist kein Rettungswagen, er ist eine Tötungsmaschine!

Wir sollen vergessen, dass in einem solchen Panzer junge Menschen sitzen, von denen bei einem Treffer nichts als Asche bleibt. Wir sollen vergessen, was an der Stelle passiert, wo eine Artilleriegranate oder eine Drohne einschlägt.
So wie den jungen Soldaten in ihrer Grundausbildung die Hemmung abgewöhnt wird, ihresgleichen zu töten, soll uns abgewöhnt werden, Verhandlungen, Verträge und Frieden besser zu finden als Krieg.
Die Verantwortung für die Verschärfung der Kriege haben Politiker und Medien gleichermaßen. Auch verbale Abrüstung ist ein erster Schritt zur Verhandlungslösung!

„Milliarden für gerechte und soziale Friedenspolitik“ steht in unserem Aufruf.

Ich hatte eingangs erwähnt, dass wir keine 30 Jahre Zeit haben, auf Frieden zu warten.
Wir müssen in kürzerer Zeit die großen Menschheitsprobleme lösen:

– den Klimawandel stoppen – dafür lohnt sich ein Sondervermögen!

– die Menschheit ausreichend ernähren und mit sauberem Trinkwasser versorgen - dafür reicht ein Bruchteil der Rüstungskosten!

– die Ungleichheit zwischen Arm und Reich beseitigen. Solange Krieg herrscht, solange immer mehr Geld für die Rüstung verpulvert wird, ist an eine wirksame Bekämpfung der Klimakrise nicht zu denken. Deshalb bleiben wir dabei: Die Waffen nieder!

Wir fordern den „Stopp der katastrophalen Wirtschafts- und Finanzblockaden, unter denen die Menschen weltweit leiden.“ Offensichtlich haben die Embargos gegen Russland den Krieg nicht verkürzt. Sie haben katastrophale Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage - nicht nur bei uns. Wenn Deutschland noch in der Lage ist, auf dem Weltmarkt Energie zu jedem Preis zu kaufen, können dies die armen Länder nicht mehr und leiden noch stärker.

Die Schriftstellerin Daniela Dahn sagt zu diesem Thema: „Ob Fracking-Gas aus den USA oder Öl aus Katar und Saudi-Arabien – kein einziger der hektisch neu gewonnenen größeren Öl- und Gaslieferanten hat ein moralisch saubere Weste – wirklich keiner.“

Die Wirtschafts-Embargos gegen Russland wurden wegen des völkerrechtswidrigen Krieges gegen die Ukraine beschlossen. Mit derselben Begründung könnten die wirtschaftlichen Beziehungen zu den USA, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate beendet werden. Oder war der Krieg gegen Jugoslawien, gegen Irak, aktuell im Jemen etwa völkerrechtskonform?Schluss mit der Doppelmoral!

»Der einzige Weg vorwärts« bestehe in der »Logik von Kooperation und Dialog« - betonte UNGeneralsekretär Guterres. Die Sprengung der Gas-Pipelines – durch wen auch immer – zeigt, wie empfindlich unsere Infrastruktur ist. Unterseekabel, Pipelines, über- und unterirdische Energieversorgung sind nicht für Kriegszeiten gemacht. Es liegt an uns, diese Logik von Kooperation und Dialog durchzusetzen. Am letzten Freitag war FFF wieder auf der Straße, heute die Friedensbewegung, demnächst hoffentlich die Proteste gegen die Teuerung.

Erfolgreich wären wir gemeinsam: Die Umweltbewegung, die Friedensbewegung, die Gewerkschaften und sozialen Initiativen – uns geht es um dieselbe Sache: Ein Leben in Frieden, sozialer Sicherheit in einer lebenswerten Umwelt.


Rede von Helmut Kaess/Michael Köllisch

 

"Gemeinsame Sicherheit":
Dies war das Stichwort von Willy Brandt und Egon Bahr, mit dem sie zu Zeiten des kalten Krieges ganz Europa friedensfähig gemacht haben: durch die Verträge mit der Sowjetunion, mit dem Helsinkiprozess und mit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit unter Einschluss der USA und Kanadas. (Insgesamt 57 Staaten)
Diese Lehren haben wir spätestens seit dem Kosovokrieg vergessen, dessen (völkerrechtswidrige) Begründung laut General Heinz Loquai durch den Einsatz der OSZE unglaubwürdig gemacht wurde. Er sagte, die Kosovoalbaner seien schon großteils zurückgekehrt- und die Krise sei weitgehend beigelegt gewesen.

Im letzten Dezember hat Russland dem Westen seine Sicherheitsbedürfnisse schriftlich gegeben. Aber der Westen hat sie nicht zum Gegenstand ernsthafter Verhandlungen gemacht.
Die NATO Osterweiterung ist unseres Erachtens mit ein Grund, warum Russland diesen Völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen hat. Die Folgen daraus müssen wir, die Zivilgesellschaft tragen.

Auch wenn ein paar Staaten mit der EU und der Nato sowie die westlichen Medien das anders sehen. Der Beschluss, die Militärausgaben zu verdoppeln und verdreifachen, ist unsinnig. Die Nato hat schon jetzt die zwanzigfachen Militärausgaben gegenüber Russland. Die Gefahr eines Atomwaffeneinsatzes ist groß. Wir benötigen das Geld für die menschengemachten großen Krisen, nämlich die Klimakrise und die Überschreitung der planetaren Grenzen, die globale Versorgungskrise, die Bekämpfung des Hungers und die sozialen Krisen im eigenen Land und der ganzen menschlichen Familie.

Wir müssen deshalb wieder zum Prinzip der gemeinsamen Sicherheit zurückkehren. Das bedeutet, die jeweiligen Sicherheitsbedürfnisse aller Länder -auch Russlands- anzuhören und durch Verhandlungen nach gemeinsamen Lösungen zu suchen. Das bedeutet, die Abrüstungsbeschlüsse wieder zu erneuern, die konventionelle Überlegenheit des Westens (mit dem Gewinn von viel Geld für die anderen Krisen) abzubauen, dann dem Atomwaffenverbotsvertrag beizutreten. Denn Russland wird gegenüber einer weit überlegenen Nato nicht auf seine Atomwaffen verzichten.

Der Beitrag Deutschlands sollte sein, auf die nukleare Teilhabe zu verzichten und damit der Abzug der Atomwaffen aus Deutschland. Das würde uns zudem mehr Sicherheit verschaffen, da wir in der Beziehung kein Angriffsziel mehr wären.

Deutschland muss der Propaganda widerstehen und zu den eigenen Fehlern und denen der USA stehen. Dann können wir zur Deeskalation beitragen.

Die Ukrainische Pazifistische Bewegung machte kürzlich eine mutige Aussage: In ihrer Friedensagenda für die Ukraine und die ganze Welt erklärten sie den Widerstand gegen jeden Krieg, auch den der eigenen Seite, und sagten, es sei notwendig, gegen jeden Krieg mit zivilen Mitteln gewaltfrei vorzugehen.

PS: Der Westen hat anscheinend im März das schon abgesprochene Friedensabkommen mit der Ukraine zunichte gemacht https://multipolarista.com/2022/09/03/west-peace-proposal-ukraine-russia/
Nicht nur die direkt am Krieg beteiligten Parteien (Russland und Ukraine) müssen bereit zu Friedensgesprächen sein, sondern vor allem die westlichen Staaten angeführt von den USA und auch repräsentiert von der EU"