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Trotz der extremen Hitze waren am 26. Juni 2019 fast 100 Menschen in die Brunsviga  gekommen, um den Vortrag von Professor Mohssen Massarrat zu hören. Der Ernst der Lage war den meisten bewusst. Von dem aus dem Iran stammenden Massarrat erwarteten sie genauere Informationen als die in den heimischen  Medien verfügbaren. Sie wurden nicht enttäuscht.

   
•    Analyse:

Zunächst ging Massarrat auf die Frage ein, wie groß die Kriegsgefahr wirklich sei. Er verwies auf die diversen militärischen Maßnahmen der USA, die einen Prozess in Gang setzten, der zum Krieg führen könne. Trumps Sicherheitsberater Bolton sei die treibende Kraft, während der Präsident selbst lieber einen „Deal“ mit dem Iran wünsche. Das Pentagon warne sogar vor einem Krieg mit dem Iran .Die politische Führung der USA sei also gespalten, und deshalb sei ein solcher Krieg nicht unabwendbar. .

Der Iran wolle keine neuen Verhandlungen. Er misstraue den USA zutiefst. Zurückzuführen sei dies auf den von der CIA inszenierten Putsch gegen den iranischen Präsidenten Mossadeq, der es gewagt hatte, 1951 die (zuvor in britischem Besitz befindliche) Erdölindustrie zu verstaatlichen. Dieser Schlag gegen einen demokratisch gewählten Präsidenten und die Etablierung des diktatorischen Schah-Regimes (bis  1979) sei bis heute nicht vergessen.  – Im Iran gebe es zwei Fraktionen, die Fundamentalisten und die Reformer; beide seien religiös, säkulare Kräfte seien aus dem politischen Prozess ausgeschlossen.

Die USA seien aus dem 2015 geschlossenen Atom-Abkommen ausgeschieden, was rechtlich nicht möglich sei, da es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag handle, doch die USA kümmerten sich nicht um Verträge. – Einen Bruch des Völkerrechts stellten auch die exterritorialen Sanktionen dar, mit denen die USA alle bedrohten, die noch mit dem Iran Handel treiben wollten.

Massarrat vertrat die These, dass die diversen Kriege im Nahen und Mittleren Osten  in den vergangenen Jahrzehnten ein Werk der USA seien, die so Absatz für ihre Rüstungsindustrie schufen. Gegen den militärisch-industriellen Komplex sei auch Obama nicht angekommen.

Konfliktverschärfend wurde 1980 das schiitische Gespenst an die Wand gemalt. Die Folge war der Zusammenschluss sunnitischer Staaten gegen den Iran und seinen Verbündeten. Der Iran rüstet seine Verbündeten (Syrien, Hisbollah) auf. Die Iranische Regierung betreibe eine „knallharte neoliberale Politik“, was der Referent scharf kritisiert. Sie diene der Bereicherung einer kleinen Elite, während über 70% der Bevölkerung Not leiden. Dies sei nicht nur eine Folge der Sanktionen, sondern weitgehend  selbstgemacht.

Das Projekt der US-amerikanischen  Neocons seit der Jahrtausendwende: Die „Neuen Konservativen“ (Bush junior) verfolgten angesichts einer rückläufigen Wirtschaftsentwicklung in den USA die Förderung der Rüstungsindustrie und des Finanzsektors. 5 Kriege sollten geführt werden mit dem Ziel eines Reglmewechsels-; nur der geplante Irankrieg hat noch nicht stattgefunden.  Ein Kernstück dieser Strategie ist der Dollar-Imperialismus. Der Dollar ist die Leitwährung, in der alle Ölgeschäfte abgewickelt werden. Nach dem Ende des Bretton-Woods-Systems 1973 können die USA nach Belieben Dollars drucken. Trotz eklatanter Verschuldung können die USA nicht pleitegehen; der Dollar ist die stärkste Währung der Welt. Wer auf eine andere Währung ausweichen will (Saddam Hussein und Ghaddfi wollten zum Euro wechseln), wird ausgeschaltet.

•    Folgen eines Irankrieges:

Da der Iran vorbereitet ist (Bedeutung der Revolutionsgarden=Pasdaran), könnte der asymmetrisch geführte Krieg länger dauern. Israels Städte könnten durch die Hisbollah zerstört werden und Israel könnte darauf mit Atombomben reagieren. Die Folge: Flächenbrand im Nahen und Mittleren Osten, Flüchtlingsströme, gegen die von 2015 harmlos wäre. Falls der Iran die Straße von Hormuz sperrte, würde die Ölversorgung zusammenbrechen. Selbst nach einer Niederlage wäre mit einem Regimewechsel im Iran nicht zu rechnen.

•    Wie kann ein Krieg verhindert werden?  

Eine Chance liege darin, dass sich die US-Führung nicht einig ist. Der Druck der EU könnte Einfluss haben. Dazu müssten die EU, insbesondere Deutschland, als Gegner des Krieges auftreten (also anders als Maas, der sich nicht von der Politik der USA distanziert hat). Die BRD müsste die NATO-Basen im Land sperren und jede deutsche Unterstützung des Krieges verhindern. Die EU müsste sich vom Dollarimperialismus lösen; sie müsste einen Fond gegen die Zwangssanktionen einrichten, aus dem die Unternehmen entschädigt werden sollen, die noch mit dem Iran Handel treiben wollten. Es sei die Aufgabe der Friedensbewegung, die Regierung zu diesem Richtungswechsel zu veranlassen –

Langer Beifall nach diesem bewegenden Appell.

Dr Ingeborg Gerlach

 

Von dieser Veranstaltung wurde ein Videomitschnitt gemacht, den wir sobald er uns vorliegt hier veröffentlichen werden.