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Bericht zum Vortrag von Jörg Kronauer am 17.5.2018 in der VHS in der Reihe "Wege zu einer Kultur des Friedens".


Der Publizist Kronauer knüpfte an einen Titel seines amerikanischen Kollegen Graham Allison an. Dieser greift  in seinem unlängst veröffentlichten Buch „Destined to War“ auf die These des antiken Geschichtsschreibers Thukydides zurück, der den Peloponnesischen Krieg als zwangsläufige Folge des Aufstiegs von Athen betrachtete. Dieser Aufstieg rief die bisherige Hegemonialmacht Sparta auf den Plan. - Wie ist Allisons These, ein Krieg zwischen der VR China und den USA sei angesichts ähnlicher Konstellationen heute sehr wahrscheinlich, einzuschätzen?

Der Referent stützte seine Ausführungen mit einer Fülle von Karten, Grafiken, fotografischem Material, die Vergleiche zwischen den o. a. Kontrahenten anstellten.  Hierbei wurden die folgenden Aspekte berücksichtigt

Kronauer rekonstruierte den Aufstieg Pekings zur ostasiatischen Supermacht, zuerst auf ökonomischem, dann aber auch auf militärischem Gebiet: China ist seit einigen Jahren nicht mehr die verlängerte Werkbank des Westens, sondern ein Hightech-Staat, der einen ehrgeizigen Masterplan entwickelt. - Dieser soll es in wenigen Jahren an die Weltspitze bringen. Export-Weltmeister ist das Land längst. Nun hat es auch in anderen ökonomischen und finanziellen Sektoren den Westen, insbesondere die USA, die hoch bei ihm verschuldet ist, weit überholt. In zunehmendem Maße betreibt China Handel mit Afrika, Asien und Südamerika, und es investiert auch in die Industrie westeuropäischer Länder.

Den o. a. Zielprojektionen dient auch die „Neue Seidenstraße“, die verschiedene Routen zu Wasser und zu Lande bündelt. China  möchte die Meerenge von Malakka, die das Südchinesische Meer mit dem Indischen  Ozean verbindet, möglichst vermeiden und sucht Landrouten nach Westen. Für den Seeweg ist Athen (Piräus) der Anlaufhafen, der Rotterdam bald überholt haben könnte.

Militärisch stellt  Kronauer bei der Volksrepublik China eine defensive Haltung fest. Seine stark gestiegene Rüstung sei nachholende Rüstung - weit hinter der des Westens, aber auch Russlands zurückbleibend. Auch im geografischen Vorfeld der VR, vor allem bei den umstrittenen  Spratly-Inseln im Südchinesischen Meer, sei der defensive Charakter offenkundig. China sei ein vorsichtiges Land, das eine pragmatische Politik betreibe. Dies gelte insgesamt für den Charakter der chinesischen Politik, die keinem starren Plan folge, sondern experimentell von Fall zu Fall verfahre.

Fazit des Referenten: Die VR ist ein sich etablierender „global player“, der vitale Interessen hat bzw. in das „Konzert“ dieser Mächte einbringt. Diese werden jedoch nicht durch eine ausufernde Aufrüstung nach außen abgesichert. Im Vordergrund steht dabei für die Staatsführung in Peking das Interesse, ein Gleichgewicht zwischen den „äußeren“ Interessen, der innenpolitischen Stabilität und dem weltanschaulichen Anspruch einhalten zu können. Inwieweit die Kontrahenten in der Zukunft zu Kriegsgegnern werden könnten, hängt nicht zuletzt auch von der derzeit nur bedingt berechenbaren Politik der USA ab.
Dass das Friedenszentrum mit dem Thema offensichtlich den „Nerv der Zeit“ in der Braunschweiger Öffentlichkeit getroffen hatte, bewiesen der überdurchschnittlich gute Besuch der Veranstaltung (ca. 40 Personen), eine 23-zeilige Vorankündigung in der BZ  sowie das rege Diskussionsbedürfnis der Anwesenden.

 

Dr. Ingeborg Gerlach und Burkhard Jäger